Sofia – erste Eindrücke
Es sind die ersten Momente in einem neuen Land, die beeindrucken. Die Gedanken sortieren Bekanntes und Unbekanntes, die Augen und Ohren sind weit offen. Wo steht dieses west-östliche Land?
So erlebe ich den ersten Tag hier in Sofia: Die Menschen sprechen – Russisch? Nein, Bulgarisch – aber es ist ähnlich. Ich verstehe, worüber sie sprechen, kann aber nicht jedes Wort verstehen.
Die Schilder im Flughafen, in der U-Bahn – in der Stadt – mal sind sie in Englisch, mal in Russisch, mal sind es kyrillische (russische) Buchstaben für ein englisches Wort. Oft erschließt es sich erst, wenn man Laut für Laut und Buchstabe für Buchstabe liest.
Die U-Bahn bringt mich von Flughafen in die Stadt. Tickets kann ich in Euro oder bulgarischen Lev erwerben. Der Automat frisst jede Euro-Münze, und jeden europäischen oder bulgarischen Schein. Dann spuckt er ein kleines Papier-Ticket aus, mit einem Preis-Code! Den brauche ich, damit sich die Sperre zum Bahnsteig öffnet – und gleich hinter mir wieder schließt. Weniger als einen Euro kostet die 25-minütige Fahrt von Flughafen zum Zentrum!
In der Metro sitzen außer den Bulgarinnen und Bulgaren auch ein knappes Dutzend Ausländer: Franzosen und Italiener. Die älteren beäugen die Karten mit den Metro-Linien, die an Wänden und Decke kleben, einige mit kyrillischen Buchstaben, andere mit lateinischen.
Die jüngeren Besucher studieren ihre Handies. Google Maps beschert ihnen das Glück, dass gleich die richtigen, für sie lesbaren Namen auf der Karte erscheinen.
Am beiden Enden des U-Bahn Wagens laufen leuchtende Schriftzeilen. Auch hier hilft man den früheren Sowjet-Bürgern, einst an das Kyrillischen geübt, sich an Europa zu gewöhnen. Die nächsten Stationen erscheinen in beiden Alphabeten.
Kurz nach der Abfahrt vom Flughafen erbebt sich eine unscheinbare, ältere Frau, leicht gebückt, mit langem, weitern Rock und Strickjacke. Dann holt sie ein Laser-Lesegerät aus der Tasche und kontrolliert die Fahrscheine, einen nach dem anderen. Wehe dem oder der, die keine hat!
Im Zentrum rolle ich meinen großen, grauen Koffer aus dem Waggon. Die helfende Hand eines Mitfahrers will mich unterstützen, bin so etwas gar nicht gewöhnt! Der Koffer auch nicht, und er rollt ohne Probleme über den Bahnsteig. Dann allerdings kommt eine Treppe. Etwa 30 Stufen müssen die Fahrgäste erklimmen, und dann nach links oder rechts abzubiegen. Dann erwartet sie die nächste, ähnliche Treppe. Ein Fahrstuhl ist nicht in Sicht, auch keine Rampe. 16 kg schleppe ich die Stufen hinauf, um von oben dann doch einen Fahrstuhl zu finden. Er sieht noch ganz neu aus.
Google maps zeigt auch mir den Weg zum Ziel. Leider weiss es nichts von meinem Koffer, und auch nichts von der breiten, schier unüberwindbaren und dicht befahrenen Straße, die zwischen mir und meinem Ziel liegt. Doch die Straßenplaner haben vorgesorgt. Es gibt eine Unterführung: 30 Stufen runter, durch einen Tunnel unter der Straße entlang, und auf der anderen Seite wieder 30 Stufen hoch auf die andere Seite der Straße. Obern angelangt sehne ich mich nach einer Dusche! Doch bis dahin sind es noch vier Straßen und drei Ecken. Über mal glatte, mal holprige, mal nur im Slalom zu begehende Fusswege rollt mein Koffer zum Ziel. Und alle vier Räder sind noch dran! Geschafft!