Ein Schreckens-Szenario macht die Runde – was geschieht, wenn Russland kein Gas mehr nach Westen schickt? Seit Jahren verlassen sich Europäer auf die Lieferungen aus dem Osten, insbesondere deutsche Verbraucher. Mehr als 40 Prozent des hier verbrauchten Gases kommt aus Russlands Quellen. Das meiste davon fließt über die Ukraine in den Westen. Erhebliche Mengen fließen aber auch durch die North Stream, die so genannte Ostsee-Pipeline.
Russland werde immer liefern, denn es brauche das Geld aus den Energiegeschäften, heisst es immer wieder. Doch es könnte sein, dass diese Rechnung nicht aufgeht. Zumindest die Lieferungen durch die Ukraine scheinen nicht mehr so sicher wie noch vor einem Jahr. Verbraucher am Ende der Pipelines sind darauf nicht vorbereitet, und die politischen Akteure sind ratlos!
Für post-sowjetische Staaten Mitteleuropas bringt die Drohung Moskaus längst vergessen geglaubte Zeiten in die Erinnerung zurück. Die Gasleitungen waren damals ein wirksames Mittel, um Interessen der Zentrale bei den abhängigen Satelitenstaaten durchzusetzen. Wenn es kalt wurde in den Stuben lenkte so mancher zu eigensinnige Präsident gehorsam ein auf die vorgegebene Linie.
Bis heute hängen viele der ehemaligen sowjetischen Bruderstaaten am Gas Moskaus – und haben es bis heute versäumt, einen neuen Energiemarkt aufzubauen. Es wird höchste Zeit für Alternativen, neue Gas-Lieferquellen und viel mehr Erneuerbare Energie. Vielleicht ist die Drohung aus Moskau auch der entscheidende Impuls, einen europäischen Energieverband endlich voran zu bringen und damit nationale Risiken in einer größeren Gemeinschaft und mit einem weit gefächerten Energiemix unterschiedlicher Quellen aufzufangen.