Heute von 29 Jahren, am 25./26. Februar 1992, ereigneten sich grausamste Vertreibungen und Morde in Chodschali in der Region Berg-Karabach. Einige, die es mit erlebt haben, berichten von einer Vertreibung, die keinem Bewohner eine Chance zum Bleiben gab. Andere können noch immer kaum darüber sprechen. Ganze Familien flohen mit nichts als dem, was sie am Körper trugen. Alles mussten sie zurück lassen: Haus, Hof, und auch die, die nicht fliehen konnten. Von manchen blieb nicht einmal eine Spur. Chodschali steht für die schlimmsten Tage eines Krieges von Armenien gegen Aserbaischan. Noch ist nichts aufgearbeitet von dem, was damals geschah.
Heute, fast 30 Jahre später, ist dieser Tag Geschichte. Aber die vielen Tage, die seitdem vergangen sind, haben die Gemüter nicht ruhen lassen. Die Massaker sind unvergessen. Erst vor wenigen Wochen gab es einen neuen Krieg, dieses Mal von Aserbaidschan gegen Armenien. Die meisten der Gebiete, die damals an Armenien gingen und seitdem unter der Verwaltung Erewans standen, sind jetzt wieder unter der Regierung von Baku, zu denen sie nach dem Völkerrecht die ganze Zeit gehörten. Wieder gab es Menschen, die alles zurück lassen mussten, was sie in fast 30 Jahren aufgebaut hatten. Wieder gab es viele hundert oder tausende Tote – wie viele, das ist noch nicht bekannt.
Es ist ein Versagen der Politik und der Diplomatie, dass sie dieses Leid nicht vermieden hat. Vier Resolutionen der UN hatten die Armenier dazu aufgefordert, die besetzten Gebiete zu räumen. Nichts geschah. Mehrere Versuche zur Vemittlung von beiden Seiten scheiterten. Beide Seiten gaben einander dafür die Schuld. Jetzt hat Aserbaidschan die Gebiete mit Gewalt zurück erobert. Wieder gab es viele Tote, auf beiden Seiten.
Und während in Aserbaidschan die Freude über den Sieg groß ist, trauert Armenien um viele Tote und den Verlust der Gebiete. Noch gibt es wenig Berichte, wie die Rückeroberung abgelaufen ist. Kriege sind grausam, wo auch immer, und sie säen neuen Hass.
Es wird höchste Zeit, einander die Geschichten über den Krieg zu erzählen und über das Leid, das den Bewohnern der Region zugefügt wurde. Es wird Zeit, einander zuzuhören, und dann eine bessere, eine gemeinsame Zukunft zu aufzubauen. Die Menschen in beiden Ländern wollen keine Kriege! Sie wollen in Frieden und Freiheit leben. Die Regierungen in der Region können viel dazu beitragen. Junge Menschen sollten ihre Zukunft gestalten können und daran mitwirken. Doch erst einmal müssen sie einander kennen lernen. Jetzt ist dazu eine Gelegenheit, damit Massaker wie in Chodschali sich nie wiederholen.
S. auch
https://www.birgitwetzel.de/karabach-unruhige-ruhe-im-kaukasus/
https://www.birgitwetzel.de/karabach-kriegsende-und-friedensvertrag/