Wohin, wenn nicht nach Russland? Diese Frage stellt sich jetzt den vielen Wanderarbeitern aus Zentralasien, die in Russland ihren Lebensunterhalt verdienen und damit ihre Familien in Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan versorgen. Sie arbeiten beim Bau von neuen Straßen und Häusern, und in anderen Berufen, die wenig Bildung erfordern. In Kirgisistan ist es rund die Hälfte der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter, in Usbekistan ist ihr Anteil geringer, aber in absoluten Zahlen sind es weitaus mehr. Sie alle schicken Geld zu ihren Familien in Zentralasien, weil es dort für sie nicht genug Arbeit gibt.
Der Krieg Russlands in der Ukraine sorgt für Kurskorrekturen vieler Staaten, auch in Zentralasien. Für sie ist es eine schwierige Frage, wie weit sie sich von Russland abkehren können, wenn doch viele ihrer Bürger dort ihr Geld verdienen, und sie zudem an den Energieleitungen der Gazprom hängen – weitgehend noch ohne Alternative. Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan sind damit in ähnlicher Weise betroffen. Kasachstan hat mehr Freiräume, es hat eigene Energieträger und es hat Einkommen durch deren Verkauf, – und es hat sich bereits vor zwei Wochen zu einem veränderten außenpolitischen Kurs bekannt.
Es werden schwierige Entscheidungen zwischen inneren und äußeren Zwängen. Anzunehmen ist, dass der Krieg Russlands in der Ukraine auch Zentralasien zu einer Abwendung von Russland bewegt, gemeinsam in Richtung Süd- und Südost-Asien. Es wird eine große Herausforderung, vor der die gesamte Region steht, wie sie Millionen von Wanderarbeitern eine neue Lebensgrundlage und neue Arbeit verschafft.